Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

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Titel: Vergleichende Untersuchungen zur tiergerechten Betäubung und Tötung von Krustentieren
Beschreibung (dt.): Im Jahr 2009 wurde das EU-Recht zum Tierschutz beim Schlachten novelliert. Die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 enthält jedoch keine Vorschriften über das Töten von Nichtvertebraten. Es obliegt somit den Mitgliedstaaten, diesen Bereich in eigener Zuständigkeit zu regeln. Gemäß geltendem deutschen Recht dürfen Krustentiere derzeit grundsätzlich nur durch Verbringen in stark kochendes Wasser getötet werden (§ 13 Absatz 8 Tierschutz-Schlachtverordnung). Diese Methode steht seit einiger Zeit aufgrund von Hinweisen zur Wahrnehmungs- und Schmerzempfindung bei Wirbellosen in zunehmender Kritik. Die in Deutschland praktizierte Tötungsart des Verbringens in kochendes Wasser ist damit auch aus der Perspektive eines zeitgemäßen Tierschutzgedankens heraus zu überprüfen. Mittels geeigneter wissenschaftlicher Untersuchungen soll daher der Frage nachgegangen werden, ob trotz des anatomisch unterschiedlichen Nervensystems bei Crustaceen und Vertebraten eine vergleichbare Schmerz- bzw. Leidenswahrnehmung besteht. Dazu sind wissenschaftlichen Studien bzgl. alternativer Betäubungs- und Tötungsmethoden von Krustentieren erforderlich, bei denen Indikatoren zur exakten Bestimmung des Verlustes und der Wiederkehr des Bewusstseins mit Hilfe elektrophysiologischer Parameter ermittelt werden. Folgende methodische Ansätze sollen auf ihre Eignung hin überprüft werden: Erhitzen des Wassers (herkömmliche Heißwassermethode), Abkühlen des Wassers mit Eis, Elektrische Stimulation des Wassers (Elektrobetäubung), Versetzten des Wassers mit CO2 und das Versetzen des Wassers mit Magnesiumchlorid.
Ergebnis (dt.): Die elektrophysiologischen Signale im Zentralnervensystem der Hummer auf elektrische und mechanische Reize wurden während der herkömmlichen Heißwassermethode ohne vorherigen Betäubungsversuch und mit vorherigem Betäubungsversuch aufgezeichnet. Die Einleitung von CO2 in das Hälterungswasser ist eine eingeschränkt wirksame Betäubungsmethode. Sie dauerte relativ lange und schien zu Stress und stark aversivem Verhalten bei Krebsen zu führen. Das Herabkühlen der Tiere auf 0 °C mit Süßwassereis ist im Hinblick auf den Kochvorgang ungeeignet, da dieser dadurch verlängert wurde. Außerdem wurden die Tiere nicht komplett anästhesiert und eine Reizweiterleitung konnte noch vorhanden sein. Das Herabkühlen der Tiere auf -1,8 °C mit Meerwassereis reduzierte die Weiterleitung von externen Reizen in das Zentralnervensystem der Krebse, unterband sie jedoch nicht vollständig. Bei längerer Dauer führte das Herunterkühlen zum Tod der Versuchstiere. Die Betäubung durch Gabe von MgCl2 in das Hälterungswasser funktionierte bei Hummern nicht. Langsame Erwärmung der Krebse führte bei Überschreitung der Letalitätsschwelle zum Tod. Vorher war sowohl im Nervensystem als auch phänotypisch keine Erregung festzustellen und die Krebse zeigten keine Fluchtreaktion. Die Elektrobehandlung mit den untersuchten Elektrobetäubungsgeräten (Gerät vom LAVES und für den Gastronomiebereich angebotenes Gerät Crustastun) führte zur phänotypischen Paralyse der Hummer und Flusskrebse. Nachteile waren, dass die Tiere bei der Anwendung der Elektrobetäubung verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt sind sowie dass es, nachdem die Tiere die Kontrolle über ihre Muskeln wiedererlangt hatten, zu Verhaltensänderungen kam, die auf Schädigungen durch die Elektrobetäubung hinweisen. Es wurden Unterschiede in der Aktivität des Nerven¬systems zwischen Hummern (epileptische Phase) und Flusskrebsen festgestellt. Im Allgemeinen führte die Gabe der Versuchstiere in kochendes Wasser bei kleinen Tieren nach wenigen Sekunden und bei großen Hummern nach 1 - 2 Minuten zur Auslöschung aller elektrophysiologischen Signale. In den ersten 20 Sekunden war bei den Hummern eine starke neuronale Aktivität zu verzeichnen, die sich auch nicht durch die untersuchten Betäubungs-verfahren unter¬drücken ließ. Lediglich nach der Elektrobehandlung der Hummer fand eine Überlagerung mit der epileptischen Aktivität statt. Fluchtreaktionen oder Auto¬tomie waren nach Überführung in das kochende Wasser weder bei betäubten noch bei unbetäubten Tieren feststellbar. Letztlich konnte kein Betäubungs- bzw. Tötungs¬verfahren als Ergänzung bzw. Alternative zur derzeitigen Praxis der Gabe dekapoder Krebse in kochendes Wasser ohne vorherige Betäubung uneingeschränkt empfohlen werden.
Laufzeit: Beginn: 01.10.2012 / Ende: 28.02.2015
Ausf. Einrichtung: Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
Themenfelder: Tierschutz, Tierwohl, animal welfare
Förderprogramme: Entscheidungshilfebedarf
Schlagworte: Lebensmittelqualität, food quality, Schlachtung, slaughter, Fischerei, fishery, andere aquatische Lebewesen, other aquatic organisms, Fleisch, meat
Förderkennzeichen: 2812HS009
Dokument zum Download: 12HS009_AB.pdf (5 MB)

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